Kickoff: Bildung aus der Perspektive junger Menschen

Kickoff: Bildung aus der Perspektive junger Menschen

„Sowas haben und brauchen wir hier nicht“
Diskrimierung war und ist schon immer ein Bestandteil menschlichen Zusammenlebens gewesen; immer dann, wenn Menschen aufeinander trafen oder in Gruppen organisiert waren, wurden Menschen aufgrund eines Merkmals, ihres Geschlechts, ihrer Ethnie, einer Beeinträchtigung, ihres Glaubens, ihrer Sexualität oder warum auch immer anders behandelt und vor allem schlechter behandelt als Vergleichspersonen. Dies äußert sich in physischer und psychischer Gewalt, aber auch allein schon an Gedankengut und Werte – sowie Normvorstellungen. Schulen bieten in diesem Zusammenhang aufgrund ihrer Struktur und ihrer hohen Diversität besonders in Großstädten wie Berlin einen „idealen“ Nährboden für Mobbing, Diskrimierungen und Gewalt. Diese Tatsache anzuerkennen, dass solche Phänomene fest im System Schule zwangsläufig auftreten werden und dies tun ist ein erster Erkenntnisschritt, auf dem weitere präventive Maßnahmen fußen können, um ein sichereres Zusammenleben zu ermöglichen. Aber wo wir nun wieder bei der Realität wären: Schulen sind nun mal keine Heiligenstätte und erst recht keine Orte gefüllt von altruistischen, gesellschaftsdienlichen und moralischen Energien von Verantwortlichen, die in ihrer Persönlichkeit und Integrität gefestigt genug sind, Fehler und Probleme einzugestehen und diese als Herausforderungen zu betrachten, die es gilt kollektiv zu verändern. Stetig und langsam, aber gewissenhaft. Und sich zu vergegenwärtigen, dass ein solcher Prozess ( — ja, es ist ein Prozess 🙃 ) — nicht abgeschlossen wird. Hach, wenn die Welt doch nur so untoxisch wäre!
Genau dann fragt man sich: WAS ZUR HÖLLE DENKEN SICH EIGENTLICH DIE ERFINDER SOLCHER ZERTIFIKATE UND INITIATIVEN WIE „SCHULE OHNE RASSISMUS“ DABEI?
Können sie überhaupt denken? Geschweige denn, sich die Konsequenzen ihres Slogans und der gesamten Kampagne rekapitulieren? „Schule ohne Rassismus“. Diese drei Worte suggerieren nicht bloß, dass sie unfehlbar frei von Diskrimierung in seiner höchsten Form ist, nein, sie meißelt diese durch diese Satzkonstruktion (— ja, es ist tatsächlich sogar ein Satz🙃 —) auch noch in Stein und führt diese als Emblem vor wie damals Könige ihre Bauten die von Sklaven errichtet worden waren. So prangern diese Logos an Schulen und verneinen also jegliches Vorhandensein von Rassismus und stellen sich gleichzeitig besser als andere Schulen. Das dies leider ein Trugschluss ist, ergibt sich für jede Person, die ein Hauch emphatisches Gespür für die soziale Wirklichkeit hat. Viel eher ist diese Initiative eine reine Marketingmaschinerie und ein verzweifelter Versuch ein ernsthaftes Problem in Deutschland als nicht existent zu verkaufen. Denn um nichts anderes als Verkauf handelt es sich hier. Wie soll denn ermittelt und sichergestellt sein, dass es keinen Rassismus gäbe? Wer bestimmt dies? Wie wird dies nachhaltig evaluiert und gesichert? Es wird wohl kaum einer das Emblem abmontieren, sobald ein Funke Rassismus ins Klassenzimmer sprüht nicht wahr? 😉 Initiativen wie diese beweisen wieder einmal, dass sie nur an Geld, Reputation und letztendlich wieder an Geld interessiert sind und an nichts weiter; es muss hier gar nicht erst erwähnt sein, dass Schulen mit diesem Emblem definitiv aus erster Hand (wie andere Schulen auch) ein Ort von Diskrimierung waren. Nur haben andere Schulen die Charakterstärke dies einzusehen. Zu meiner Schulzeit noch hatte sich das Hans Carossa Gymnasium in Berlin- Kladow ohnehin für den Mittelpunkt Spandowniens — sorry, ich meinte natürlich Spandau — gehalten und sich als Nonplusultra gesehen; nicht umsonst änderte sie ihren ursprünglichen Namen von „Oberschule“ zu „Gymnasium“; „es soll bloß keiner denken, dass wir eine Gesamtschule sind, igitt!“ Wenn die Schule so berühmt berüchtigt gewesen wäre, hätte doch bestimmt niemand diese Schande geglaubt, nicht wahr? Jedenfalls sah sich diese Schule mit dem Problem wider ohne sich damit auseinander setzen zu wollen. Sie war rassistisch, klassistisch, homosowie transphob, islamophob und dazu auch noch feindlich gegenüber Behinderten. Ich habe aus intersektionaler Perspektive alle diese Aspekte in meiner Identität vereint und kann darüber nur schmunzeln, wenn die Schule heute Embleme über Inklusion auf ihrer Webseite ziert. Oder über Sozialpädagogen. 2015 noch wies die Schule meine Sozialarbeiterin vom Jugendamt zurück mit der Aussage, dass sie als einzige Schule keine sozialpädagogischen Ansprechpartnerinnen benötige. „Sowas brauchen wir hier an einem Gymnasium nicht“. Was erwartet man von einer Schule, in der 99% der Schülerinnen weiß und aus der oberen Mittelschicht entstammen, deren Lehrerinnen physische Gewalt vor der Mensa ignorieren, dessen Kollegium sich dagegen sträubte Lehrerinnen mit Migrationshintergrund einzustellen und die einzige Lehrerin mit Kopftuch binnen Monaten beseitigt worden war, um den Schein zu wahren? Was ist von einer Schule zu halten, dessen Lehrerinnen Wörter wie „Transe“ gebrauchen oder türkische Schülerinnen vorwurfsvoll anschauen und auf eine Erklärung für islamistische Terroranschläge warten (— immerhin wird ersichtlich, in welche Ecke man gruppiert wird 🙃 — ). Was muss passieren, damit eine Schule Charakter zeigen kann, die geflüchtete Kinder für unlehrbar hält und vom Schulbild marginalisiert? Wie lange kann sich eine Schule noch selbst belügen, wenn es heißt, dass weiße deutsche Kinder durchaus auch genauso dem Klischee des gewaltbereiten, homophoben Unterschicht – „Ausländers“ entsprechen?